Vier Tage wandern in den Bergen, drei Nächte in Hütten und zum krönenden Abschluss hoch auf die Kampenwand. Wenn das nach etwas für dich klingt, lies weiter, denn in diesem Erfahrungsbericht erzähle ich dir von meinen Erlebnissen auf der Chiemgautour.
Die Chiemgautour startet in Aschau im Chiemgautour, führt hoch zur Hochrieshütte, geht weiter über das Spitzsteinhaus in Österreich, wieder zurück nach Deutschland zur Priener Hütte und endet an der Kampenwand. Insgesamt bist du 4 Tage unterwegs, legst 41,2 Kilometer und 3.335 Höhenmeter zurück und hast etwa 16 reine Wanderstunden vor dir.
Ich habe die Chiemgautour 2021 und 2022 gemacht. Im ersten Jahr mussten wir leider drei Gipfel auslassen, da unsere Gruppe nicht so fit war und das Wetter nicht mitgespielt hatte. Im zweiten Jahr hatten wir deutlich mehr Glück und haben uns zur Sicherheit zwei Nächte im Spitzsteinhaus einquartiert, um den Klettersteig als Tageswanderung zu machen.
Für wen ist die Tour geeignet?
Die Tour wird als mittel eingestuft und soll für Menschen geeignet sein, die erste alpine Erfahrungen sammeln wollen. Du legst jeden Tag um die 1.000 Höhenmeter Aufstieg zurück und hast unwegsames Gelände, teilweise mit Gratwanderung, vor dir. Kondition und Schwindelfreiheit sollten also gegeben sein. Es gibt ein seilversichertes Stück, das du nicht überspringen kannst, das andere schon (beides ohne Ausrüstung machbar). Ein paar der Gipfel sind optional. Wir hatten im ersten Jahr jemanden dabei, dessen Körper die Belastung über mehrere Tage hinweg nicht gewohnt war, weshalb wir für die einzelnen Etappen doppelt so lang gebraucht haben wie angegeben. Im Jahr darauf in anderer Konstellation kamen wir mit den Stundenangaben gut hin.
Tourdaten
Diese Ausrüstung brauchst du auf der Chiemgautour
Für die Chiemgautour ist keine spezielle Kletterausrüstung erforderlich (falls du in der Gegend Klettern willst, kannst du aber welche mitnehmen, es gibt einige schöne Felsen). Für die Hütten brauchst du einen Hüttenschlafsack. Da es nachts sehr kalt werden kann und nur dünne Wolldecken vor Ort sind, empfiehlt sich ein etwas dickerer.
Im ersten Jahr haben wir noch ein Kochgeschirr mitgeschleppt. Da wir uns zum größten Teil im Naturschutzgebiet befunden haben, hat sich das mit dem Kochen als schwierig gestaltet. Im Jahr darauf haben wir auf den Hütten gegessen und hatten für tagsüber lediglich Shakes dabei. Du kannst auf der Hütte aber auch ein Verpflegungspaket bestellen.
Vom Wetter her hatten wir im Juni vielseitige Abwechslung: 30° und Sonnenschein, Wind und Regen, sogar Hagel, Gewitter und Temperaturen um den Gefrierpunkt. Deshalb hatten wir von der Kleidung her alles dabei.
Anreise
Anreise mit dem Auto
Zur Chiemgautour kannst du entweder mit dem Auto nach Aschau fahren und an der Festhalle unterhalb des Schlosses parken. Wir haben damals für vier Tage 20 € bezahlt.
Anreise mit der Bahn
Aschau hat zum Glück auch einen Bahnhof, weshalb wir im Jahr darauf mit dem Zug gefahren sind. Die Züge fahren von München oder Salzburg bis Prien und von dort aus geht es weiter nach Aschau.
Beste Wanderzeit
Wandern kannst du die Tour ab dem 01. Juni, da Teile der Strecke wegen Schnee und Naturschutz geschlossen sind. Aktuelle Infos findest du hier.
Übernachtung und Verpflegung
Wenn du noch nie auf einer Hütte bei Mehrtageswanderungen geschlafen hast: es macht großen Spaß, trotz der spärlichen Einrichtung. Keinesfalls kannst du eine Hütte mit einem Hotel vergleichen. Es gibt Schlafsääle, die du dir mit anderen teilst. Du kannst je nach Hütte aber auch kleinere Zimmer buchen. Wir hatten auf der ersten Hütte, der Hochrieshütte, zum Beispiel ein Vierbettzimmer für uns (mit Hochbetten, kuscheln ist nicht) mit Bettwäsche (eigenen Schlafsack durftest du nicht benutzen). Sowohl im Spitzsteinhaus als auch in der Priener Hütte haben wir mit um die 10 Leute in einem Saal geschlafen. Die Menschen sind unglaublich rücksichtsvoll, weshalb das besser funktioniert als erwartet.
Die Matratzen in den letzten beiden Hütten sind nicht bezogen und es gibt auch keine Bettwäsche, weshalb du einen Schlafsack mitbringen musst. Kein einfacher Liner, muss aber auch kein Kuschelschlafsack sein, den du in Island auspacken musst. Ich hatte einen dabei mit Komforttemperatur +10°.
Auf den Hütten gibt es Bewirtung und du kannst auch Verpflegung für den nächsten Tag bestellen (bei der Reservierung kurz mit anfragen, damit genug eingekauft wird). Manchmal lässt sich Halbpension direkt mit der Hütte buchen. Wenn du besondere Allergien hast, melde das vorher an. Vegetarisch geht klar, aber Vegan ist schon eine Herausforderung (drei Tage Linsensuppe, juhu).
Tipp: Bist du bereits Mitglied im Deutschen Alpenverein? Mit deiner Mitgliedschaft bekommst du Rabatt beim Buchen der Hütten. Bei der Hochrieshütte ist das Frühstück für Nicht-DAV-Mitglieder verpflichtend mitzubuchen, DAV-Mitglieder können auch ohne Frühstück mit Selbstverpflegung los. Außerdem ist eine Versicherung dabei, falls du dich in den Bergen verletzt und mit dem Heli abgeholt werden musst.
Die Ersparnis an den Hütten kann insgesamt um die 39 € betragen (je nach Zimmerkategorie).
Kosten
- Hochrieshütte DAV Mitglied: 30,80 €
- Spitzsteinhaus DAV Mitglied, Lager: 10 €
- Priener Hütte DAV Mitglied, Lager: 11 €
- Duschen: bis zu 3,50 € für warmes Wasser, kalt geht kostenlos
- Verpflegung
- Anfahrt, ggf. Parken
- ggf. Hotel An- und Abreise
Tourenverlauf der Chiemgautour
Die Angaben der einzelnen Abschnitte haben wir dem Komoottracking entnommen und können von den offiziellen Angaben abweichen.
Tag 1 der Chiemgautour: Von Aschau zur Hochrieshütte
Die Tour startet: anstrengend. Es geht erstmal nur bergauf.
Die gute Nachricht: im Wald, du hast Schatten.
Die schlechte Nachricht: im Wald, du siehst nicht unbedingt viel.
Du quälst dich die erste Stunde den Berg rauf, erhaschst vielleicht mal einen Blick auf den Chiemsee und dann erreichst du die ersten saftigen Wiesen. Und mit ihnen nur noch einen moderaten Anstieg.
Manchmal laufen dir Kühe über den Weg, bei Regen auch mal Feuersalamander. Irgendwann kommt der Hochries mit seiner Hütte in dein Sichtfeld (außer es ist neblig …). Du denkst, du hast es fast geschafft. Ich enttäusche dich nur ungern: Jetzt geht’s erstmal wieder steiler bergauf, damit du richtig schön erschöpft an der Hütte ankommst. Aber keine Sorge, du schaffst das. Wir haben am Parkplatz eine 80-jährige getroffen. Die hat erzählt, dass sie nicht mehr so fit ist und deshalb nur hoch wandert und dann mit der Seilbahn runterfährt.
Dass es eine Seilbahn gibt, hab ich nicht erwähnt, oder? Besser so, die Wanderung ist wunderschön, ebenso das Gefühl, wenn du deine Füße an der Hütte endlich hochlegen kannst. Mit ein bisschen Glück begegnen dir die domestizierten Bergkatzen und du kannst Gleitschirme beobachten (im schlechtesten Fall, wie sie im Gebüsch landen. Meist versuchen sie es nach dem Entwirren der Schnüre nochmal).
Tag 2 der Chiemgautour: Von der Hochrieshütte zum Spitzsteinhaus
Erinnerst du dich noch an den letzten Aufstieg vom Vortag? Wenn du´s nicht tust, dann deine Muskeln. Die Strecke geht es jetzt wieder runter. Ja, richtig gelesen. Zum Glück nicht komplett, irgendwann taucht ein Schild Richtung Spitzstein auf. 4,5 h. Merk dir die Zahl gut, die wird später noch wichtig.
Es geht weiter bergab. Durch einen fast mystischen Wald, über Kuhweiden, bis hin zu einer grünen Wiese – die es wieder bergauf geht. Führt kein Weg dran vorbei. Also vielleicht schon, aber nicht bei meiner Orientierung. Folgen wir lieber den Schildern. Nur noch 4h. Oben angekommen, sind es plötzlich wieder 4,5 h. Du bist nicht falsch gelaufen, sondern in der Zeit einfach nur rückwärts. Zauberschilder sind das.
Ab jetzt geht es weiter auf einem Grat, immer auf der deutsch-österreichischen Grenze. Die Aussicht ist atemberaubend und du siehst die winzige Hütte, in der du am Morgen aufgewacht bist.
Irgendwann, kurz vorm Ziel, hast du die Wahl: Steigst du über einen Klettersteig mit Drahtseilen den Spitzstein rauf oder gehst du direkt zur Hütte weiter?
Im ersten Jahr mussten wir den Spitzstein auslassen, da ein Gewitter über unseren Köpfen drohte sich zu entleeren (es wartete zum Glück noch, bis wir an der Hütte waren, war leider pünktlicher als die Bahn). Im zweiten Jahr buchten wir sicherheitshalber noch eine Nacht dazu, sodass wir den Spitzstein als Tageswanderung bestiegen haben. Wenn das Wetter mitspielt, ist aber auch alles in einer Tour machbar.
Der Klettersteig macht großen Spaß, hat aber ohne Sicherung auch ein wenig Mut gekostet.
Vom Spitzsteinhaus hast du einen tollen Blick auf den Wilden Kaiser. Iss unbedingt ein paar Kaiserschmarn. Und wenn du abends Lust hast: Die Hütte hat ein paar Spiele, die du dir ausleihen kannst. Bisher haben wir immer jemanden gefunden, der mit uns gespielt hat.
Tag 3 der Chiemgautour: Vom Spitzsteinhaus zur Priener Hütte
Schon wieder ist so ein blödes Gewitter gemeldet. Und da wir ja jetzt gelernt haben, dass Gewitter nicht bei der Bahn arbeiten könnten, haben wir uns früh auf den Weg gemacht. Um 6 Uhr gings los und um 10 Uhr kamen wir an der Priener Hütte an. Mitten zur Frühstückszeit. Wer hat gesagt, dass man Frühstück nur nach einer Übernachtung in der Hütte bekommt?
Den ganzen Tag warteten wir auf das Gewitter, das heute doch schon eher zur Bahn passt. Es kam nicht wirklich was. Egal, es gab wieder tolle Spiele auf der Hütte und eine Gitarre. Wir hatten Glück und haben sogar jemanden gefunden, der spielen konnte. Und zwar nicht nur Lügenmäxchen!
Tag 4 der Chiemgautour: Von der Priener Hütte zur Kampenwand
Der letzte Tag kann der schönste sein oder auch der heftigste. Gleich von der Priener Hütte geht es rauf auf den Geigelstein. Bei Schneefall und starkem Wind, empfehle ich dir den Gipfel auszulassen und direkt weiterzuziehen. Bei gutem Wetter, nimm ihn mit. Der Ausblick ist beeindruckend.
Danach geht es weiter über die Roßalm. Du bekommst einen Gletscher zu sehen und jede Menge Kühe kreuzen an den ungünstigsten Stellen deinen Weg. Irgendwann hast du den Weitlahnerkopf erreicht. Ab hier geht es Seilversichert abwärts zum Dalsensattel. Der Klettersteig ist kürzer als der rauf zum Spitzstein. Bei Nässe allerdings etwas rutschig.
Irgendwann näherst du dich dem Ziel: Der Kampenwand. Kurz davor ist ein Restaurant und die Seilbahn. Ab hier werden dir jede Menge Menschen über den Weg laufen, die mit der Seilbahn rauf sind und deshalb nicht mal ansatzweise so k.o. sind wie du. Wenn du jetzt noch um die zwei Stunden Zeit hast, lohnt sich der Aufstieg zur Kampenwand. Folge einfach den Massen, das wird der begehbarste Weg sein. Eine kleine Seilversicherung führt um einen großen Fels rum, dann geht´s rauf zum Gipfelkreuz. Du hast es geschafft! 360°-Blick und jede Menge Muskelkater später, musst du nur noch nach unten kommen.
Ab der Kampenwand, sind wir mit der Kampenwandbahn runtergefahren, um unsere Knie nicht noch mehr zu belasten. Immerhin waren das heute schon über 1.000 Höhenmeter.
Fazit: Lohnt sich die Chiemgautour?
Die Chiemgautour ist eine ideale Tour, wenn du mit dem Hüttenwandern im alpinen Gelände anfangen willst. Mit nur vier Tagen kannst du dir einen ersten Eindruck bilden, bei Interesse gibt es vor Ort genug zu entdecken, um mehr Nächte auf den Hütten zu bleiben und Tageswanderungen zu integrieren. Du brauchst keine spezielle Ausrüstung, solltest allerdings fit und Höhenmeter beim Wandern gewohnt sein. Schwindelfreiheit ist nicht nur für die Gipfel erforderlich, sondern auch für die Gratüberquerung und den seilversicherten Abstieg beim Dalsensattel. Die Kosten halten sich je nach Anreiseweg in Grenzen. Eine Mitgliedschaft beim DAV kann sich lohnen, um Geld bei den Hütten zu sparen.
Hast du schon einmal eine Hüttentour in den Alpen gemacht? Welche kannst du empfehlen?