Digitale Nomaden ist in der heutigen Zeit zu einem Begriff von moderner Freiheit und Flexibilität herangereift. Wer will nicht überall auf der Welt leben und trotzdem ein Einkommen erzielen? Diese Alternative zum klassischen Büroalltag ist der Traum vieler junger Menschen geworden. Allerdings bringt ein Leben als Digitaler Nomade auch echte Herausforderungen mit sich – man liegt nicht den ganzen Tag in einer Hängematte und guckt auf das offene Meer, denn die wenigsten Hängematten haben auch funktionierendes WLAN.
Über die Autoren
In diesem Artikel möchten wir, Martina und Max von Travelgrapher.de, dir die Hindernisse und Herausforderungen des Digitalen Nomadendaseins näherbringen und auch die Illusion des gemütlichen Lebens etwas nehmen. Wir betreiben seit dem Jahr 2015 eine eigene Online Marketing Agentur in Deutschland, die sich auf Performance Marketing und Digital Analytics spezialisiert hat. Beides sind Bereiche, die immer mehr gefragt sind, um als Unternehmen seine potentiellen Kunden noch effizienter anzusprechen und kennenlernen zu können. Diese Kombination aus Selbstständigkeit und einem digitalen Berufsfeld war für uns der Schlüssel zum Erfolg. Warum, erläutern wir dir im Fazit nach einem Jahr leben und arbeiten als Digitale Nomaden.
1. Zeitzonen und deutsche Kunden
Zeitzonen sind ein anstrengendes Thema. Egal ob man in Asien oder Südamerika unterwegs ist – die Uhrzeit in Deutschland ist entweder immer einige Stunde später oder früher und genau hieraus ergibt sich ein großes Problem. Angenommen du hast einen Call mit einem Kunden um 9.00 Uhr deutscher Zeit und du befindest dich zu dieser Zeit gerade in Bogota Kolumbien, dann hast du ganze 7 Stunden Zeitverschiebung zu deinem Kunden. Das bedeutet, dass du auch einmal um 02.00 Uhr nachts in den Genuss kommst Konferenzen und Termine wahrzunehmen. Trotz der ungewöhnlichen Uhrzeit musst du dem Kunden in Deutschland natürlich den gewünschten Service bieten und voll bei der Sache sein.
Das ist natürlich nur ein geringes Opfer dafür, dass du die Möglichkeit hast frei zu entscheiden wo du gerade sein möchtest – dennoch schränkt es die Freiheit auch deutlich ein. Du musst nicht nur wach und erreichbar sein, sondern auch ungestört und mit stabilem Internet für Calls ausgestattet sein. Das bringt uns auch gleich zu unserem nächsten Punkt.
2. Finde eine Unterkunft mit gutem Internet
Eine der größten Herausforderungen ist eine stabile Internetleitung. Wenn du als Digitaler Nomade tätig sein möchtest, ist gutes Internet zu manchen Zeitpunkten und Terminen unerlässlich. Natürlich kannst du Präsentationen und andere kleine Dinge auch einmal Offline erledigen. Sobald es aber an die Arbeit mit einem Web-Interfaces geht, oder auch innerhalb Google Analytics, ist ein Internetzugang zwingend erforderlich. Genau hier liegt die Herausforderung.
Auf Booking.com oder AirBnb zeigen dir Unterkünfte an, dass WiFi-Verbindungen in der Unterkunft vorhanden sind, aber nicht wie schnell diese sind. So ist es uns schon passiert, dass wir mit einer 1 MBit Internetleitung in Belize arbeiten durften. Das war für uns ein echter Horror. Die Werbeanzeigenmanager von Facebook und Co. haben ein gewisses Volumen, welches geladen werden muss, um damit zu arbeiten – so vergingen dort schon einmal 10 Minuten bis wir überhaupt arbeiten konnten.
Es gibt auch Länder auf unserer Welt , in denen das Internet allgemein sehr schlecht ist. Nehmen wir z.B. Kuba. Hier ist es für einen Digitalen Nomaden nahezu unmöglich zu arbeiten – da Internet nur an öffentlichen Hotspots und über das mobile Netz (ausländischer Anbieter) verfügbar ist.
Sim-Karten im jeweiligen Land können für kurze Zeit Abhilfe schaffen – allerdings ist meist das Datenvolumen begrenzt und du musst die SIM-Karte deshalb relativ oft aufladen was wiederum zu weiteren Kosten führt.
3. Steuern und Firmierung
Wo zahle ich als Digitaler Nomade Steuern? Wie schaffe ich es, dass meine Kunden Vertrauen in meine Firmierung haben und einfache Rechnungen erhalten, die ohne großen buchhalterischen Aufwand bezahlt werden können? Es gibt unzählige Möglichkeiten auf der gesamten Welt Firmen zu gründen, die aber teilweise mit hohen Kosten verbunden sind und nur wenig Vertrauen schaffen.
Am einfachsten machst du es Kunden aus Deutschland oder ganz Europa, wenn du eine deutsche Firmierung mit deutschen Bankkonto wählt. Hier funktioniert das Reverse Tax Verfahren und es gibt den Kunden Rechtssicherheit.
Als Digitaler Nomade lebst du in einer gewissen Grauzone. Nach einer Frist von 183 Tagen ohne festen Wohnsitz erfolgt die Personenbesteuerung am nächsten festen Wohnsitz. Aber genau hier ergibt sich das Problem: als Digitaler Nomade hast du keinen festen Wohnsitz. Es gilt also zu klären wo du in Zukunft steuerpflichtig bist.
4. Neukunden-Akquise für Digitale Nomaden
Wenn du keine E-Books verkaufst und nicht versuchst Live-Trainings zu vermitteln, ist die Akquise neuer Kunden für Digitale Nomaden eine echte Herausforderung. Wie kommst du an Neukunden? Wie kannst du mögliche Termine und Präsentationen wahrnehmen? Die Antwort ist relativ einfach: Entweder du hast sehr gute Kontakte, die eine Angebotsphase umgehen, da schon ein tiefes Vertrauen vorhanden ist. Oder du hast einen Geschäftspartner, der mögliche Termine bei den Kunden in Deutschland wahrnehmen kann. Du kannst leider nicht für einen einzelnen Kundentermin nach Deutschland fliegen- außer es ist natürlich ein ganz großer Fisch mit einer hohen Auftragschance.
5. Gewinne das Vertrauen deiner bestehenden Kunden
Der Schlüssel des Digitalen Nomadendaseins ist Vertrauen. Neben dem räumlichen Abstand, der rechtlichen Dimension und der Frage der Umsetzbarkeit, ist es natürlich auch schwierig ein persönliches Verhältnis zu deinen Kunden aufzubauen, weil du sie selten persönlich triffst. Das macht es Kunden schwerer dir als Dienstleister zu vertrauen. Viele Kunden- vor allem Neukunden- sind daher erst einmal abgeschreckt, wenn sie von unserem Dasein als Digitale Nomaden erfahren. Bereits einfache Fragen wie der sichere Datentransfer ins Ausland (Wir empfehlen einen VPN), können dabei schon ausschlaggebend sein, ob eine Geschäftsbeziehung aufrechterhalten wird. Du kommst daher nicht umhin, dir bereits vor dem Beginn der Tätigkeit als Digitaler Nomade Gedanken zu Fragen zu machen, die für den Kunden relevant sein könnten. Du musst also selbst ein kleiner Sicherheitsexperte werden, noch bevor du den Fuß vor die Tür gesetzt hat.
Noch besser ist es natürlich, wenn du ein gutes Kundennetzwerk hast, bei dem durch jahrelange Zusammenarbeit bereits ein Vertrauensverhältnis besteht. Auch ein gutes Netzwerk aus bestehenden Kontakten, mit denen du in der Vergangenheit schon einmal Zusammengearbeitet hast, helfen dabei als Digitaler Nomade schneller Fuß fassen zu können.
Wenn du außerdem Kontakt mit anderen Digitalen Nomaden aufnimmst, kannst du dich auch vorab bereits über aufkommende Hindernisse austauschen, um dich entsprechend vorbereiten zu können. Wer vorab einen Plan hat und nicht nur anfallende Probleme löst, dem traut man auch eher zu, die Lage im Griff zu haben.
6. Deine Nische und Können
Nun haben wir dir bereits gezeigt, wie schwierig die organisatorische Umsetzung eines Lebens als Digitaler Nomade sein kann. Doch die Frage, die die meisten beschäftigt ist ja die, was man als Digitalnomade überhaupt arbeiten kann.
Um es einmal hart auszudrücken, lässt sich die Antwort recht einfach zusammenfassen: Wenn du in Deutschland noch kein funktionierendes Geschäftsmodell hast, dann wird das nicht besser, wenn du im Ausland bist.
Die wenigsten Arbeitgeber sind flexibel genug, um Angestellte ins Ausland gehen zu lassen. Zu groß ist die Angst, dass es zu schlechterer Arbeitsqualität oder gar kompletten Arbeitsausfällen kommt. Daher sind ein großer Teil der Digitalen Nomaden als Selbstständige unterwegs.
Für ein Leben als Digitaler Nomade eignen sich dabei vor allem Tätigkeiten, die digital, also online oder offline am Computer durchgeführt werden können. Ein weiterer Punkt ist, dass die Aufgaben vorzugsweise keinen zu engen Kontakt zum Kunden erfordern, da das immer mit einer höheren Verfügbarkeit einhergeht. Verfügbarkeit ist wie bereits beschrieben durch das oft schlechte Internet und die Zeitverschiebung ein großes Problem.
Was heißt eigentlich …
Wir raten dringend davon ab irgendwelche überteuerten E-Books zu kaufen, die dir einen einfachen Weg in die finanzielle Freiheit versprechen. Einen einfachen Weg gibt es nämlich nicht. In der Realität steht viel Arbeit an, bis du die Freiheit wirklich genießen kannst – und auch dann wirst du noch immer arbeiten müssen.
Was wir auch manchmal lesen, ist, dass Leute schnell mal einen neuen Beruf lernen, um anschließend Digitale Nomaden zu werden. Doch in dem Fall verfügst du noch nicht über Erfahrungen, hast noch keinen Kundenstamm und keine Referenzen. Dir fehlen also alle Voraussetzungen, die einem Kunden Vertrauen geben.
Unser Rat lautet daher: Such dir ein Geschäftsmodell, das dir ein ausreichendes Einkommen beschert, solange du noch in Deutschland bist. Arbeitet beispielsweise einige Zeit in einem digitalen Beruf. Dann hast du nicht nur die nötige Erfahrung, sondern kannst auch die Herausforderungen besser einschätzen, die im Ausland auf dich zukommen werden. Nur so wirst du auch das Vertrauen der Kunden gewinnen.
Unser Fazit nach 1 Jahr arbeiten als Digitale Nomaden
Es ist möglich den Traum von einem Leben als Digitale Nomaden zu leben, allerdings sieht dieser wahrscheinlich deutlich anders aus, als du erwartet hast. Unzählige Anfragen bei Unterkünften, bis du endlich die passende Internetleitung hast, arbeiten mitten in der Nacht und Flüge und Touren so planen, dass du für den Kunden erreichbar bist, sind nur einige der Dinge, die den Digitalen Nomaden-Alltag beschreiben.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in den guten Kontakten zu Menschen und einer möglichen Vor-Ort Präsenz eines Kollegen oder Mitarbeiters. Denn nur so kannst du auch langfristig Neukunden für die Firma und somit für dich selbst gewinnen und weiteres Vertrauen aufbauen.
Dabei solltest du aber nicht vergessen, dass du ein Produkt anbieten solltest, das flexibles Arbeiten ermöglicht und auch auf dem Markt gefragt ist. Hier ist dein Können gefragt.
Daher unsere Bitte an dich: Starte kein Digitales Nomaden-Dasein, wenn du nicht weißt, wie du dich finanzieren sollst oder mit einem Produkt, das du noch nicht beherrschst. Kaufte vor allem keine überteuerten E-Books, die genau dieses Problem lösen sollen. Denn leider sieht es in der Realität oft so aus, dass diese E-Books von Leuten geschrieben werden, die am wenigsten wissen, wie sie unterwegs Geld verdienen sollen.
Weitere Beiträge rund ums Leben und Arbeiten als Digitaler Nomade:
- Travelgrapher auf YouTube
- Interview mit Fidan: Leben und Arbeiten als Digitaler Nomade