In einer Reisegruppe bei Facebook zur Westküste der USA schwärmen alle, wie toll Amerika ist. Wie wunderschön die Orte und was für ein einzigartiges Erlebnis der USA Urlaub doch ist. Das Wort einzigartig kann ich bestätigen, den Rest allerdings nicht. Würde ich aktuell einen Kalender besitzen, hätte ich drei rote Kreuze an meinem letzten Tag in den USA gesetzt. Ich war so froh, Amerika wieder verlassen zu haben.
Auf meinem Weg von Neuseeland nach Kanada habe ich nicht nur einen Stopover in Hawaii eingelegt, sondern bin auch die Westküste der USA von Los Angeles bis nach Vancouver über den Landweg gereist. Ein Unterfangen, das ich keiner allein reisenden Backpackerin empfehlen kann.
Um das jetzt nicht zu verallgemeinern, gliedere ich dir kurz auf, wen ich damit meine:
- Du reist allein
- Du reist mit einem knappen Budget
- Spontanität ist der wichtig – du planst nicht viel voraus
- Und du fühlst dich schnell unsicher (kann dir auch als Mann passieren, ich verwende den Gendertyp gerade sinnbildlich in der weiblichen Form)
Außerdem beziehen sich meine Eindrücke nur auf die Westküste der USA. Amerika ist so riesig und besteht aus so vielen Bundesstaaten, dass ich wirklich nicht für alle sprechen kann. Mir hat zum Beispiel Oregon und Washington um einiges besser gefallen, als Kalifornien. Und die Nationalparkgebiete rund um den Sequoia und dem Yosemite Nationalpark besser als die Küstenregion.
Aber fangen wir einmal von vorne an:
Zwei Wochen plante ich für meinen Roadtrip ein. Nur über den Landweg wollte ich von Los Angeles bis nach Kanada fahren und dabei möglichst viel Natur sehen. Da meine Suche nach einer Reisebegleitung über das Internet vorab gescheitert ist, zog ich alleine los. Mein erster Fehler, meckerte mein Geldbeutel.
Die Westküste der USA ist für Alleinreisende ziemlich teuer
In den Großstädten ein Hostel zu finden, ist recht einfach. Dafür kam ich für ein Bett in einem 8-Bett Schlafsaal preislich schon an meine Grenzen. Ab 30 € aufwärts geht´s hier los. Zum Vergleich: In Neuseeland habe ich im Schnitt gerade einmal 24,02 € gezahlt.
In den ländlicheren Regionen suchst du vergeblich nach einem Hostel, wie ich feststellen musste. Hier buchte ich spontan ein paar Nächte vorher Übernachtungen in Motels. Ein Doppelzimmer für 50 €. Klingt ziemlich günstig – aber ich musste das alleine bezahlen. Mit einer weiteren Person definitiv in Ordnung, für mich und meine Reisekasse eigentlich ein finanzielles Todesurteil.
Meine Reiseromane
Nach oben führt auch ein Weg hinab
Roadtrip durch Kanada
Lock Down Under
Digitale Nomadin beim Housesitten in Australien
Weiterer Kostenfaktor: Der Transport
Die USA ist ein Autofahrerland. Und das merkst du spätestens dann, wenn du mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Los Angeles über die Nationalparks nach Kanada fahren willst. Ist nicht unmöglich, nur umständlich und richtig teuer. Darauf gehe ich aber gleich nochmal ein. Gehen wir jetzt einmal davon aus, du willst dir ein Auto mieten. Allein. Dann trägst du alle Kosten für die Miete und den Sprit. Ich selbst kam auf 55 € pro Tag. Hätte ich mir diese Kosten mit einer weiteren Person teilen können, wäre ich günstiger weggekommen. Ist ja logisch. Deshalb reise ich, wenn ich allein bin, fast nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Also kommen wir einmal zum Thema Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln in den USA.
Einfachstes Fortbewegungsmittel: Auto
Für Los Angeles oder auch San Francisco ist mir mehrfach ein Auto empfohlen worden. Ich frage mich noch immer warum. Denn in den Städten sind die Busverbindungen, Straßenbahnen und Metros super ausgebaut. Und noch dazu richtig günstig. Zwischen 5 USD und 7,50 USD kostet ein Tagesticket. Gibt´s nichts zu meckern, oder?
Anders sieht es außerhalb der Städte aus. Hier hast du die Möglichkeit mit Greyhound, Megabus, Bolt Bus, Amtrak oder sogar Flixbus zu reisen. Je früher du das Ticket erwirbst, desto günstiger ist es. Last Minute Schnäppchen: Fehlanzeige. Passt also nicht zur Kategorie „Du bist gerne spontan“.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln durch die USA
Die Busfahrt ist ein Abenteuer an sich. Der Greyhound ist ein Armer Leute Bus. Du findest dort nicht nur Reisende, sondern auch alle anderen, die von A nach B wollen und sich eben kein Auto leisten können. Bis auf den nicht stubenreinen Hund, der den ganzen Bus zu gestänkert hat oder die Tatsache in einem Greyhound Busbahnhof eingesperrt worden zu sein, weil der Busfahrer nicht zu seiner Fahrt erschien, empfand ich es auch gar nicht mal als so schlecht. Die Busse waren pünktlich (bis auf der eine, dessen Busfahrer nicht zum Fahrtantritt erschien), sauber, WLAN hat funktioniert und meine Beine haben außer bei einer Fahrt mit Amtrak auch hinter den Sitz des Vordermanns gepasst (Liebe Amtrak-Gesellschaft: Es gibt auch Menschen die größer sind als 1,60 m und deshalb unter Umständen auch etwas längere Beine haben, als in Ihrem Sitzraum vorgesehen).
Die Menschen, die zusammen mit mir im Bus saßen empfand ich als nicht so gruselig, wie die Menschen, die ich auf dem Weg zur Bushaltestelle getroffen habe.
Sicherheit als allein reisende Frau an der Westküste der USA
Es heißt, dass bei uns in Deutschland die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird. Und ich hoffe, dass sie niemals das Stadium erreichen wird, wie es in Amerika der Fall ist.
Um ehrlich zu sein war ich geschockt. Eigentlich dachte ich, dass ich meinen ersten Kulturschock in Asien erleben werde – weshalb ich dieses Ziel auf meiner Weltreiseliste ganz weit nach hinten geschoben habe. Tja, meinen ersten Kulturschock hatte ich dann in Amerika.
Obdachlose in den USA
Neben den Schönen und Reichen, deren Villen du in LA bewundern kannst, gibt es eine Straße weiter und nur einmal falsch abgebogen, wunderschöne Zeltstädte, die du bewundern kannst. Aufgrund der hohen Mietanstiege und der nicht vorhandenen Sozialversicherungspflicht (nicht nur, aber die beiden häufigsten Gründe), leben viele Menschen auf der Straße. Ganze Wohnsiedlungen aus Zelten haben sich auf den Bürgersteigen breit gemacht. Eine Art soziales Umfeld ist hier entstanden. Jeder kennt jeden und du fällst auf, wenn du nicht dazugehörst. Der Geruch von Gras hängt in der Luft und ein Mann geht sprechend an mir vorbei. Mit seinen Worten bin allerdings nicht ich gemeint: Das Gespräch findet nur in seinem Kopf statt.
Nichts passiert und trotzdem ein ungutes Gefühl …
Keiner hat mir etwas getan. Allerdings schlich sich jedes Mal ein ungutes Gefühl in meiner Magengegend ein, wenn ich durch eine solche Wohnsiedlung gehen musste. Was wohl oder übel nicht immer unumgänglich war – so habe ich in San Francisco im Tenderloin geschlafen, weil wegen eines Kongress alle anderen halbwegs bezahlbaren Unterkünfte ausgebucht waren. In Sacramento hingegen wollte ich zur Greyhound Busstation laufen, entschied mich dann doch dafür, mit dem Bus dorthin zu fahren, weil ich mich nicht durch eine dunkle Unterführung gefüllt mit zwielichtigen Gestalten getraut habe.
Manchmal haben wir unser Bauchgefühl eben als eine Art Warnsignal, um wachsam zu sein. Ich weiß nicht, ob mein Unwohlsein und meine daraus gewonnene Vorsicht wirklich notwendig gewesen wären. Aber ich kann es schlecht einfach abstellen. Das kann nur die Erfahrung mit der Zeit. Und die habe ich nach vier Monaten auf Weltreise in sehr sicheren Ländern einfach noch nicht gesammelt.
Die richtigen Leute treffen
Ein weiterer Aspekt des alleine Backpackens sind die Menschen, denen man begegnet. Das habe ich in den letzten Monaten wirklich schätzen gelernt. Habe ich auf Hawaii eine richtig tolle Reisegruppe gefunden und bin in Neuseeland in verschiedenen Familien nicht nur als Gast, sondern als Teil solcher aufgenommen worden.
In Amerika habe ich mich nach zwei Wochen fast einsam gefühlt. Ein Zustand, den ich bis dahin auf Reisen nicht so kannte. Ich empfand es als äußerst schwierig an der Westküste der USA Menschen zum gemeinsam Reisen kennenzulernen. Um ehrlich zu sein, bin ich bis auf ein paar Gespräche im Hostel oder im Bus fast dauerhaft alleine gereist (außer nach meiner Free Walking Tour in San Francisco, aber das erzähle ich dir ein anderes Mal).
Alleine Reisen in den USA ist nicht weit verbreitet
Erstmal ist der Trend zum alleine Reisen in den USA nicht weit verbreitet. Das bekam ich bereits an der Grenzkontrolle zu spüren, als der Officer mich dreimal danach fragte, warum ich alleine unterwegs bin. Ein weiteres Mal machte der Mann an der Rezeption im Motel merkwürdige Bemerkungen und fragte mich dann auch noch, wie viele Zimmerschlüssel ich bräuchte (ähh nein, sorry, ich empfange heute Abend keinen Männerbesuch mehr).
Auch in den Hostels traf ich mehr Menschen, die dort lebten, um in Los Angeles die große Karriere zu starten, als Menschen, die auf einem Roadtrip sind. Auch im Hi Hostel, in dem die Anzahl deiner Nächte begrenzt ist, gingen die Reisenden lieber zu einem Pub Crawl, statt sich für den Canyon Hike zu entscheiden. Ich war tatsächlich die einzige, die sich für die kostenfreie Wanderung eingetragen hat – im Gegensatz zu 35 Menschen, die zusammen im Pub feiern wollten.
Manchmal ist man einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber allgemein hatte ich nicht den Eindruck, dass die Backpacker-Community in den USA besonders ausgeprägt ist.
Wann ist eine Reise an die Westküste der USA denn etwas für mich?
Die USA hat wunderschöne Seiten. Vor allem die abwechslungsreiche Natur in den Nationalparks ist einfach atemberaubend. Definitiv ein Teil meiner Weltreise, den ich nicht missen möchte. Trotzdem werde ich nicht noch einmal alleine in die USA reisen. Und das vor allem aus finanziellen Gründen. Wenige Hostels, teure Fortbewegungsmittel und eine nicht sehr starke Backpackerkultur sprengten meine Reisekasse. So zahlte ich für etwas mehr als 2 Wochen Urlaub in den USA auf meinem Weg von Los Angeles bis nach Kanada rund 1.800 €. Vorgesehen waren gerade einmal 1000 € für diese Zeit. Und dieses Budget hat in den anderen Ländern bisher auch gepasst (außer Australien, aber das hatte andere Gründe).
Die Westküste der USA ist zu empfehlen, wenn …
- … du eine prall gefüllte Reisekasse hast
- … oder mit jemanden zusammen reist, mit dem du dir die Kosten für Unterkunft und Mietwagen teilen kannst
- … du bereit bist für einen Kulturschock zwischen Arm und Reich
- … und du nicht darauf angewiesen bist jemanden kennenlernen zu wollen, sondern zufrieden mit dir selbst bist
Ich kann in diesem Artikel nur über meine Erfahrungen sprechen. In der Facebook Gruppe sind bisher nur positive Erfahrungen geschildert worden. Persönlich finde ich es aber wichtig, auch einmal eine andere Seite geschildert zu bekommen, um nicht ganz blauäugig an diese Reise ranzugehen. Kalkuliere einmal durch, ob die USA in dein Budget passt, überlege dir, mit wem du zusammen reisen kannst, besuche mehr die Natur, als die großen Städte und du wirst eine großartige Zeit an der Westküste haben.
Welche Erfahrungen mit der Westküste der USA hast du bereits gemacht?
Hey Alexa,
zu Anfang Deines Artikels war ich etwas irritiert, weil ich die Westküste der USA schon mindestens eine Reise wert finde.
Aber nach der Lektüre verstehe ich Dich. Für alleinreisende Backpacker ist die Ecke echt nicht gerade optimal.
War halt bisher auch immer nur zu zweit und mit Auto unterwegs.
Dass das öffentliche Verkehrsystem so miserabel ist, hat mich auch wahnsinnig gestört.
Und auch die Schere zwischen Arm und Reich ist mir in Boston mehrfach aufgefallen, was ich auch schockierend fand.
Nichtsdestotrotz möchte ich die Nationalparks an der Westküste auch total gerne noch besuchen, landschaftlich echt gigantisch.
Liebe Grüße,
Sabrina
Hallo Alexa,
ich kann dich gut verstehen, ich habe diese Art der Reise im Westen der USA auch schon gemacht. Ich hatte dann aber Glück und auf meinem alleine geplanten Roadtrip ab Las Vegas hatte ich spontane Begleitung. Dadurch ist die Reise tatsächlich deutlich günstiger geworden und natürlich macht es zu zweit auch mehr Spaß. Ich war aber in L.A. und San Franncisco alleine unterwegs und das ist nicht ganz so optimal gewesen. Trotzdem bin ich froh, dass ich es gemacht habe.
Liebe Grüße
Kerstin
Moin Alexa. Es ist echt schön, dass Du hier so ehrlich und klar Deine Erlebnisse geschildert hast. Toller Beitrag mit richtig guten Tipps. Ich konnte es richtig nachempfinden, wenn Du über die etwas mulmigen Momenten geschrieben hast.
Grüße Jana
Die Situation mit der Frage nach den Schlüsseln stelle ich mir sehr seltsam/unangenehm vor, was hast du denn darauf geantwortet?XD
LG
Isa
Wow wie mutig von dir das du es trotzdem gemacht hast. Ich glaube so mutig wäre ich nicht. So hast du eine Erfahrung gemacht und kannst es an uns weiter geben.
Danke dafür.
Liebe Grüße
Katrin Haberstock
Huhu,
danke für deinen ehrlichen Bericht. Ich kenne das aus anderen Orten meiner Reisen. Es wurde einem nichts getan, aber irgendwie hat man sich unwohl gefühlt.
Manchmal sieht man das Ganze nochmal anders, wenn man erneut hinfliegt. Vielleicht gibst du ja Amerika nochmal eine Chance. 😉
Liebe Grüße aus Hessen